Das Nabelschnurblut Infoportal

Das Wichtigste in Kürze

  • Nabelschnurblut enthält Stammzellen, die aktuell der Forschung und der Behandlung schwerer Krankheiten dienen.
  • Mit Nabelschnurblut-Stammzellen konnten bereits über 80 Erkrankungsarten erfolgreich behandelt werden, u.a. Leukämie.
  • Eigentransplantationen, Transplantationen innerhalb der Familie sowie Fremdtransplantationen sind möglich.
  • Fremdtransplantationen sind derzeit der Regelfall bei der Therapie mit Stammzellen aus dem Nabelschnurblut.
  • Nabelschnurblut kann an eine öffentliche Nabelschnurblutbank gespendet oder bei einer privaten Nabelschnurblutbank eingelagert werden. Auch gerichtete Spenden oder Einlagerungen mit Option auf Spende sind möglich.
  • Bei einer Nabelschnurblutentnahme ist das Auspulsieren der Nabelschnur nicht möglich. Die noch in der Nabelschnur enthaltene Blutmenge ist nach dem Auspulsieren zu gering.
  • Die Kosten für eine private Einlagerung belaufen sich auf rund 1.500 bis 3.000 Euro.

Was ist Nabelschnurblut?

Die Nabelschnur ist die Verbindung von Mutter und Kind während der Schwangerschaft. Über die Plazenta verbindet sie das Baby mit dem Blutkreislauf der Mutter, wodurch es mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird.

Nach der Geburt pulsiert die Nabelschnur noch ein wenig weiter, bis sie abgeklemmt wird. Anschließend wandert sie meist direkt in den Abfall. Dabei ist sie eigentlich viel zu wertvoll, um einfach entsorgt zu werden. Denn: Das Nabelschnurblut, also der Teil des kindlichen Blutes, der sich nach der Abnabelung noch in der Nabelschnur und in der Plazenta befindet, enthält Stammzellen, die aktuell der Forschung und der Behandlung schwerer Krankheiten dienen.

Nabelschnurblut

Was ist an diesen Stammzellen so besonders?

Die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut sind junge Zellen, die über eine hohe Proliferationskapazität verfügen. Sie vermehren sich also schnell. Zudem waren sie noch keinen Alters- und Umwelteinflüssen ausgesetzt und verfügen daher über viele Eigenschaften, die auch embryonalen Stammzellen eigen sind. Zwar zählen sie zu den adulten, also „erwachsenen“ Stammzellen, sie sind jedoch sehr flexibel und undifferenziert, weshalb aus ihnen verschiedene Zelltypen heranreifen können.

Die in der Nabelschnur enthaltenen Stammzellen sind also in der Lage, sich selbst zu erneuern und sich zu spezialisierten Zellen weiterzuentwickeln. Und das macht sie so interessant für die Medizin.

Bei welchen Erkrankungen kommen die Stammzellen zum Einsatz?

Stammzellforscher testen derzeit in diversen Studien, inwiefern die wertvollen Nabelschnur-Stammzellen beschädigte oder erkrankte Körperzellen ersetzen bzw. reparieren können. Bei einigen Erkrankungen kommen die Stammzellen bereits zum Einsatz. Laut der Deutschen Nabelschnurblutbank (DKMS) konnten bereits über 80 Erkrankungsarten mit Stammzellen aus dem Nabelschnurblut erfolgreich behandelt werden. Das bekannteste Beispiel ist die Leukämie. Nach der Chemotherapie werden die blutbildenden Stammzellen schon lange zur Aufbaubehandlung eingesetzt.

Welche Bedeutung haben die Stammzellen für die regenerative Medizin?

Anwendung finden Nabelschnurblut-Stammzellen derzeit also vor allem, um das blutbildende System im Rahmen einer Krebstherapie zu ersetzen. Experten schreiben den Stammzellen aus der Nabelschnur jedoch noch weitaus größeres Potenzial im Bereich der regenerativen Medizin zu.

Besonders die sogenannten mesenchymalen Stammzellen sind für die regenerative Medizin von Bedeutung. Sie sind wichtig für den Aufbau und die Reparatur von Knorpel und Knochen und können durch eine Punktion des Knochenmarks oder alternativ aus Fettgewebe gewonnen werden. Die Nabelschnur ist jedoch die zugänglichste Quelle, da die mesenchymalen Stammzellen nach der Geburt ohne einen zusätzlichen Eingriff verfügbar sind.

Mesenchymale Stammzellen befinden sich sowohl im Nabelschnurblut als auch im Nabelschnurgewebe, wobei sie im Gewebe in besonders hoher Konzentration enthalten sind. Die private Nabelschnurblutbank Vita 34 bietet ihren Kunden daher auch die Möglichkeit einer Einlagerung des Nabelschnurgewebes an.

Unter Laborbedingungen besitzen mesenchymale Stammzellen die Fähigkeit, neben Bindegewebe und Muskeln auch Knorpel sowie Knochen entstehen zu lassen. Inwiefern mesenchymale Stammzellen unter Realbedingungen tatsächlich für die Therapie bislang unheilbarer Krankheiten angewandt werden können, wird derzeit in klinischen Studien erforscht. Die meisten klinischen Studien befinden sich noch in einer frühen und experimentellen Phase, viele werden sicher auch scheitern. Dennoch sind Experten zuversichtlich, dass die Stammzellen aus der Nabelschnur künftig bei zahlreichen Therapien zum Einsatz kommen können.

Anwendungsmöglichkeiten und Verträglichkeit der Stammzellen aus dem Nabelschnurblut

Die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut gelten als gut verträglich. Sie können sowohl bei einer Eigentransplantation und einer Transplantation innerhalb der Familie als auch bei einer Fremdtransplantation zum Einsatz kommen.

Eigentransplantation

Ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung bietet eine Eigentransplantation. Bei der sogenannten autologen Transplantation, also der Übertragung von eigenem Gewebe, ist eine Abstoßungsreaktion schließlich nicht zu erwarten. Da die transplantierten Stammzellen nicht vom eigenen Immunsystem abgewehrt werden, ist eine häufige Ursache für das Scheitern einer Transplantation beseitigt. Zudem ist es ausgeschlossen, dass unentdeckte Krankheitserreger, die Fremdspenden manchmal mit sich bringen, den Patienten gefährden.

Eine individuelle Einlagerung des Nabelschnurblutes kann also unter Umständen einmal das Leben des Kindes retten. Aber: Bei kleineren Kindern werden Stammzelltransplantationen meist aus zwei Gründen durchgeführt: Blutkrebs oder Erbkrankheiten. Und in beiden Fällen kommen Eigenspenden normalerweise nicht zum Einsatz. Es wurden daher erst wenige Fälle dokumentiert, bei denen ein Säugling sein eigenes Stammzellpräparat erhalten hat.

Die American Society for Blood and Marrow Transplantation taxiert die momentane Wahrscheinlichkeit, dass das Kind sein Nabelschnurblut in den ersten 20 Lebensjahren brauchen wird, auf weniger als 0,04%. Nichtsdestotrotz sind die neusten Forschungsansätze vielversprechend. Eigentransplantationen könnten künftig insbesondere bei Erkrankungen wie Retinoblastom, Neuroblastom, Diabetes mellitus Typ I, aplastische Anämie und Zerebralparese zum Einsatz kommen.

Transplantation innerhalb der Familie

Die Gewebemerkmale von Spender und Empfänger müssen bei einer Transplantation mit Stammzellen, die aus dem Nabelschnurblut entnommen wurden, nicht zu 100% übereinstimmen. Die besten Ergebnisse sind jedoch bei einer Transplantation innerhalb der Familie zu erwarten, da hier die Wahrscheinlichkeit der Kompatibilität besonders hoch ist.

Gerichtete Spende:
Ist ein Familienmitglied erkrankt, bietet sich Familien die Möglichkeit einer gerichteten Spende. In diesem Fall kann die eigentlich freie Spende an eine öffentliche Nabelschnurblutbank auch als gerichtete Spende für das erkrankte Familienmitglied reserviert werden.

Wichtig:
Sollten Sie Nabelschnurblut bei einer privaten Nabelschnurblutbank einlagern lassen, achten Sie unbedingt darauf, dass die Nabelschnurblutbank auch über eine Abgabegenehmigung für Geschwister verfügt. Nur so kann sichergestellt werden, dass im Ernstfall auch Familienmitglieder von den eingelagerten Stammzellen profitieren können.

Fremdtransplantation

Sogenannte allogene Transplantationen (Fremdtransplantationen) sind der Regelfall bei der Therapie mit Stammzellen aus dem Nabelschnurblut. Alle verfügbaren Nabelschnurblutzellen werden durch die öffentlichen Nabelschnurblutbanken in einem zentralen Stammzellenregister zusammengetragen.

Die Immunzellen der Stammzellen, die aus dem Nabelschnurblut entnommen werden, hatten noch keinen Kontakt mit Krankheitserregern. Gegenüber Stammzell-Spenden aus dem Knochenmark haben Nabelschnurblut-Stammzellen also den Vorteil, dass sie immunologisch noch nicht voll ausgereift sind. Daher ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass das Immunsystem des Spenders die Zellen des Empfängers angreift.

Dank der Plazentaschranke haben aus Nabelschnurblut gewonnene Stammzellen zudem ein geringes Risiko für bakterielle und virale Infektionen.
Alles in allem sind Nabelschnurblut-Stammzellen daher in der Regel auch bei Fremdtransplantationen gut verträglich.

Fremdtransplantationen kommen derzeit z.B. bei Leukämien, Blutbildungsstörungen und genetisch bedingten Erkrankungen zum Einsatz.

Tandem-Transplantation

Für eine Behandlung bei älteren Jugendlichen und Erwachsenen ist eine große Stammzell-Menge vönnoten. Das in der Nabelschnur enthaltene Blut weist hierfür nicht die erforderliche Zellzahl auf. Um ältere Jugendliche und Erwachsene dennoch mit Nabelschnurblut-Stammzellen behandeln zu können, nutzen Ärzte in diesem Fall sogenannte Tandem-Transplantationen. Dabei werden bei entsprechender Kompatibilität die Zellen von zwei Spendern verwendet.

Zwischenfazit

Nabelschnurblut kann Leben retten. Bereits heute kommt es bei über 80 Erkrankungsarten zum Einsatz – überwiegend bei Fremdtransplantationen. Hält die Forschung, was sie verspricht, könnten Stammzellen aus der Nabelschnur künftig bei zahlreichen weiteren Therapien zum Einsatz kommen – vermehrt auch bei Eigentransplantationen. Gerade im Bereich der regenerativen Medizin schreiben Experten den Stammzellen aus der Nabelschnur ein großes Potenzial zu.

Einlagern, Spenden oder Auspulsieren?

Nabelschnurblut ist also zweifellos zu schade, um es nach der Geburt einfach zu entsorgen. Zumal es schnell, unkompliziert und vollkommen schmerz- und risikolos für das Neugeborene und die Mutter gewonnen werden kann.

Werdenden Eltern haben im Falle einer Nabelschnurblutentnahme folgende Optionen: Sie können das entnommene Blut an eine öffentliche Nabelschnurblutbank spenden oder es bei einer privaten Nabelschnurblutbank einlagern lassen. Ein Auspulsieren der Nabelschnur ist bei einer Nabelschnurblutentnahme allerdings nicht möglich.
Für ein Auspulsieren der Nabelschnur spricht jedoch, dass es sich positiv auf den Eisenwert und das Eigenblutvolumen des neugeborenen Kindes auswirkt. Zudem ermöglicht es den Babys einen „sanften“ Start ins Leben, da sie noch eine Zeit lang über die Nabelschnur mit Sauerstoff versorgt werden. Kommt ein Baby deutlich zu früh auf die Welt, raten Experten daher meist dazu, die Nabelschnur auspulsieren zu lassen. Diese Empfehlung gilt auch für Mehrlingsgeburten. Vorausgesetzt natürlich, es treten keine gesundheitlichen Probleme auf, die ein frühes Abnabeln erforderlich machen. Grundsätzlich gilt, bei diesem Thema gibt es kein Richtig oder Falsch. Es liegt im Ermessen der Eltern, welche Variante sie bevorzugen.

Weitere Informationen zum Thema „Einlagern, Spenden oder Auspulsieren“ finden Sie hier.

Einlagerung mit der Option auf Spende

Wer sich grundsätzlich zwar für eine Nabelschnurblutentnahme entschieden hat, allerdings zwischen einer Spende an eine öffentliche Nabelschnurblutbank und einer individuellen Einlagerung bei einer privaten Nabelschnurblutbank hin- und hergerissen ist, dem bietet sich ein Mittelweg. Private Nabelschnurblutbanken bieten werdenden Eltern oftmals auch eine Einlagerung mit Option auf Spende an. Hierbei behalten die Eltern das Recht an dem eingelagerten Stammzell-Präparat, die Daten werden jedoch auch an eine öffentliche Nabelschnurblutbank weitergegeben und im ZKRD (Zentrales Knochenmarkspender Register Deutschland) erfasst. Im Falle einer Anfrage entscheiden die Eltern, ob sie die Stammzellen freigeben oder ob diese weiterhin eingelagert bleiben. Stimmen sie der Spende zu, wird ihnen das Geld für die Einlagerung erstattet.

Die Kosten einer Nabelschnurblutentnahme

Wohingegen eine Nabelschnurblutspende an eine öffentliche Nabelschnurblutbank für die spendenden Eltern kostenlos ist, fallen für eine individuelle Einlagerung nicht unerhebliche Gebühren an.

Eine Einlagerung kostet im Schnitt rund 1500 bis 3000 Euro. Eine Summe, die vermutlich die wenigsten aus der Portokasse bezahlen. Die meisten privaten Nabelschnurblutbanken kooperieren daher mit einem Kreditinstitut für Ratenfinanzierung. Individuelle Finanzierungsmöglichkeiten mit Laufzeitstaffelungen und günstigen Zinsen sollen eine Nabelschnurblut-Einlagerung möglichst vielen Eltern ermöglichen. Rabatte für Geschwister und Mehrlinge sind zudem meist möglich.

Wie sich die Kosten genau zusammensetzen, erfahren Sie hier.

Gesamtfazit

Betrachtet man die Möglichkeiten und das Potenzial hinter dem Nabelschnurblut, kann die Frage danach, ob eine Aufbewahrung sinnvoll ist, definitiv mit einem „Ja“ beantwortet werden. Allein schon zum Aufbau eines breiten Pools an Spendermaterial, sollte das wertvolle Nabelschnurblut nicht einfach im Abfall entsorgt werden.
Inwiefern eine private Aufbewahrung exklusiv für den Spender sinnvoll ist, ist (derzeit) jedoch strittig. Es ist nicht klar, ob die aus der Nabelschnur entnommene Blutmenge für eine spätere Behandlung als Erwachsener überhaupt ausreichend ist. Zudem schätzen Experten die Wahrscheinlichkeit, dass das eigene Nabelschnurblut wirklich gebraucht wird, als gering ein.

Im Grunde lässt sich eine private Einlagerung daher wohl mit dem Abschluss einer Unfallversicherung vergleichen. Man schließt diese Versicherung ab, um im Falle eines Unfalls abgesichert zu sein, hofft aber darauf, sie niemals wirklich zu benötigen. Bestenfalls muss man sie also nie in Anspruch nehmen. So verhält es sich auch, wenn Sie Nabelschnurblut einlagern.

Eine Nabelschnurblut-Einlagerung ist also zum einen eine Vorsorge. Gleichzeitig kann sie aber eben auch als Investition betrachtet werden. Wer Nabelschnurblut bei einer privaten Nabelschnurblutbank einlagert, geht schließlich davon aus, dass es in Zukunft Stammzelltherapien geben wird, mit denen man bestimmte Krankheiten heilen oder zumindest lindern kann. Allerdings weiß heute niemand genau, welche Krankheiten das sein werden und ob sich diese Investition wirklich auszahlt. Kritiker würden daher vermutlich eher den Begriff „Spekulation“ heranziehen, nicht den Begriff „Investition“.

Wer mit einer Einlagerung liebäugelt, sollte sich auf jeden Fall umfassend informieren. Das Informationsmaterial der privaten Nabelschnurblutbanken kann einer ersten Auskunft dienen. Man sollte sich jedoch immer auch bei unabhängigeren Stellen informieren. Ein Gespräch mit einem Experten der Krankenkassen oder der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation e.V. ist in jedem Fall zu empfehlen.